BESUCH EINER LANDWIRTSCHAFTSSCHULE: GEHÖRT DAS PRAXISJAHR ZUR BERUFSAUSBILDUNG DES KINDES?

Volljährige Kinder können bei ihren Eltern bis zu ihrem 25. Geburtstag einen Kindergeldanspruch geltend machen, sofern sie in dieser Zeit noch für einen Beruf ausgebildet werden.

Wann aber eine Berufsausbildung in diesem kindergeldrechtlichen Sinne vorliegt, wird von der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) recht großzügig definiert: Ein Kind ist noch in Berufsausbildung, solange es sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernsthaft und nachhaltig darauf vorbereitet. Kindergeldrechtlich anzuerkennen sind demnach alle Ausbildungsmaßnahmen, die den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen beinhalten, die als Grundlage für die spätere Berufsausübung geeignet sind.

Hinweis: Unerheblich für die kindergeldrechtliche Anerkennung einer Ausbildung ist, ob sie in einer Ausbildungs- oder Studienordnung vorgeschrieben ist.

Dem BFH lag nun ein Fall vor, in dem ein volljähriger Sohn zunächst eine Ausbildung zum Landwirt absolviert hatte. Da er später als landwirtschaftlicher Betriebsleiter tätig werden wollte (= Berufsziel), meldete er sich anschließend zum Besuch einer Landwirtschaftsschule an. Fraglich war vor dem BFH, ob das Praxisjahr, das diesem Schulbesuch vorgeschaltet war, als Berufsausbildung anzuerkennen war, so dass während dieser Zeit ein Kindergeldanspruch bestand.

Das Finanzgericht Nürnberg (FG) hatte die Familienkasse in erster Instanz zur Zahlung von Kindergeld verpflichtet, der BFH hob das Urteil nun jedoch auf und verwies darauf, dass die inhaltliche Ausgestaltung des Praxisjahres nicht hinreichend feststand. Findet die Ausbildung im Rahmen eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses statt, muss für einen Kindergeldbezug weiterhin der Ausbildungscharakter im Vordergrund stehen und nicht die Erbringung einer bezahlten Arbeitsleistung (= der Erwerbscharakter). Liegt ein sogenanntes Ausbildungsdienstverhältnis vor, steht der Ausbildungscharakter stets im Vordergrund, da die Ausbildungsmaßnahme in diesen Fällen selbst Gegenstand und Ziel des Dienstverhältnisses ist.

Hinweis: Das FG muss nun in einem zweiten Rechtsgang prüfen, ob das Praxisjahr im Rahmen eines Arbeits- bzw. Dienstverhältnisses oder eines Ausbildungsdienstverhältnisses stattgefunden hat. Im ersteren Fall wird zu klären sein, welches Gewicht die Ausbildungselemente während des Praxisjahres hatten und inwieweit der Sohn bereits zur Arbeitsleistung gegen Entgelt verpflichtet war.


Veröffentlicht am: 15. Oktober 2019
Veröffentlicht in: Einkommensteuer