AMTSÄRZTLICHES GUTACHTEN: STEMPEL STATT UMFASSENDEM WISSENSCHAFTLICHEN GUTACHTEN?
Üblicherweise können Krankheitsaufwendungen, die die Krankenkasse nicht erstattet, im Rahmen der Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastung angesetzt werden und das zu versteuernde Einkommen mindern. Allerdings unterscheiden sich manchmal die Auffassungen darüber, was eher Hokuspokus und was ein medizinisch anerkanntes Heilverfahren ist. Eines vorweg: Das Finanzamt bewertet die Wirkung der Heilmethoden nicht. Die Auffassung der Patienten ist allerdings auch nicht gefragt.
Stattdessen muss noch vor Behandlungsbeginn (!) ein Amtsarzt ein Gutachten erstellen, nach dem das Verfahren notwendig, sinnvoll und damit medizinisch indiziert ist. Alternativ kann auch der Medizinische Dienst der Krankenkasse eine solche Beurteilung abgeben. Folgende Maßnahmen, deren Kosten nur mit amtsärztlichem Gutachten oder Beurteilung des Medizinischen Dienstes als außergewöhnliche Belastung zum Abzug zugelassen werden, sind im Gesetz aufgeführt:
- Bade- oder Heilkur
- psychotherapeutische Behandlung
- auswärtige Unterbringung eines an Legasthenie oder an einer anderen Behinderung leidenden Kindes
- Betreuung durch eine Begleitperson, sofern sich die Notwendigkeit nicht schon aus dem Nachweis der Behinderung ergibt
- medizinische Hilfsmittel, die als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens gelten
- wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden (z.B. Frisch- und Trockenzellenbehandlungen, Sauerstoff-, Chelat- und Eigenbluttherapie)
Strittig war vor dem Finanzgericht Rheinland-Pfalz die Frage, wie ausführlich ein solches Gutachten sein muss. Und die Richter hatten eine klare Antwort: Es ist kein umfassendes wissenschaftliches Gutachten erforderlich. Im Streitfall hatte der Amtsarzt einfach die Stellungnahme des Privatarztes mit einem Stempelaufdruck „Die Angaben werden amtsärztlich bestätigt“ und einem Siegel versehen. Das reichte vollkommen aus.