VERÄUSSERUNGSGEWINN: ENTGELTLICHER ERWERB EINES ERBTEILS
Wenn mehrere Personen gemeinsam etwas erben, kommt irgendwann – hoffentlich – der Zeitpunkt, an dem man sich darauf einigt, wer welchen Teil des Erbes erhalten soll. Wenn man gemeinsam ein Grundstück geerbt hat, ist die Auseinandersetzung darüber meist etwas schwieriger. Wenn derjenige, der das Grundstück schlussendlich erhält, es innerhalb von zehn Jahren veräußert, stellt sich die Frage, ob dann ein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft vorliegt. Das Finanzgericht München (FG) musste darüber entscheiden.
Der Kläger erbte von der Erblasserin im Januar 2015 einen Erbanteil von 52 % des Nachlasses als Vorerbe. Die beiden Kinder der Erblasserin erbten jeweils 24 %. Im Nachlass waren unter anderem Grundstücke enthalten. Als Eigentümer der Grundstücke wurden der Kläger und die Kinder ins Grundbuch eingetragen. Im April 2017 übertrugen die Kinder ihre Erbanteile an einen Dritten. Dieser Dritte wiederum übertrug im Oktober 2017 die von den Kindern erworbenen Erbanteile an den Kläger. Im Februar 2018 veräußerte der Kläger die Grundstücke. Das Finanzamt war der Ansicht, dass aufgrund des Erwerbs der Erbanteile von dem Dritten eine anteilige entgeltliche Anschaffung des Grundbesitzes durch den Kläger vorliege und der entsprechende Veräußerungsgewinn zu versteuern sei.
Die dagegen gerichtete Klage vor dem FG München war unbegründet. Nach dem Einkommensteuergesetz seien Einkünfte aus Spekulationsgeschäften Veräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung bei Grundstücken nicht mehr als zehn Jahre betrage. Eine Anschaffung liege dann vor, wenn ein Grundstück entgeltlich erworben werde. Auch bei einer Erbauseinandersetzung werde ein Wirtschaftsgut entgeltlich erworben, wenn ein Miterbe dem anderen für die Zuteilung eines Wirtschaftsguts aus dem Nachlass einen Ausgleich zahle. Erwerbe ein Miterbe entgeltlich den Erbanteil eines anderen Miterben, entstünden ihm insoweit Anschaffungskosten für den zum eigenen Anteil hinzuerworbenen Anteil. Der Gewinn aus der Veräußerung des über den eigenen Erbteil hinaus erworbenen Grundstücksanteils sei somit steuerbar, sofern der Verkauf innerhalb der zehnjährigen Spekulationsfrist erfolge.