UNKLARER SACHVERHALT: BEI HINTERZIEHUNGSZINSEN KEINE TATSÄCHLICHE VERSTÄNDIGUNG

Eigentlich muss das Finanzamt einen steuerlichen Sachverhalt von Amts wegen ermitteln. Es gibt allerdings Fälle, in denen der Sachverhalt nur unter schwierigen Bedingungen ermittelt werden kann. In solchen Fällen ist es dem Finanzamt möglich, eine Vereinbarung über die Annahme eines bestimmten Sachverhalts und über eine bestimmte Sachbehandlung mit dem Steuerpflichtigen zu treffen, die sogenannte tatsächliche Verständigung. Es dient unter bestimmten Voraussetzungen der Effektivität der Besteuerung und allgemein dem Rechtsfrieden, wenn die Parteien sich über eine bestimmte Sachbehandlung einigen können. Fraglich ist, ob auf diese Weise auch mögliche Hinterziehungszinsen abgegolten werden können. Dies musste das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG) entscheiden.

Der Kläger betreibt einen Gebrauchtwagenhandel. In den Jahren 2004 bis 2009 hatte er Steuern hinterzogen, allerdings war nicht mehr nachvollziehbar, in welcher Höhe. Daher kam es zu einer tatsächlichen Verständigung über die Besteuerungsgrundlagen. Das Finanzamt erließ geänderte Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheide. Säumniszuschläge wegen verspäteter Zahlung der Einkommensteuer wurden nach Tilgung der Hauptschuld erlassen. Nach Bestandskraft der Einkommensteuerbescheide setzte das Finanzamt Hinterziehungszinsen fest. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein. Nach seiner Meinung war im Rahmen der tatsächlichen Verständigung ein Zahlungsbetrag festgelegt worden, der auch die Hinterziehungszinsen beinhalten sollte. Der Einspruch war jedoch erfolglos. Nach übereinstimmender Aussage der Bediensteten des Finanzamts, die an der Besprechung über die Verständigung teilgenommen hatten, war kein Verzicht auf die Festsetzung von Hinterziehungszinsen ausgesprochen worden.

Das FG gab dem Kläger nicht recht. Die Hinterziehungszinsen wurden zu Recht festgesetzt. Ein Steuerbescheid kann keine Bindungswirkung für die Festsetzung von Hinterziehungszinsen entfalten. Die Festsetzung von Hinterziehungszinsen richtet sich vielmehr nach dem tatsächlich hinterzogenen Steuerbetrag. Die Festsetzung des Steuerbetrags war jedoch unstreitig.

Das Finanzamt kann zwar nach einer Außenprüfung eine verbindliche Zusage zur steuerlichen Behandlung des Sachverhalts machen. Dafür sind eine schriftliche Erklärung sowie eine Angabe des Zeitraums notwendig, für den die Zusage gelten soll. Bei einer tatsächlichen Verständigung ist das jedoch nicht der Fall. Zusagen beziehen sich hier nur auf die Behandlung des steuerlichen Sachverhalts in der Zukunft. Die im Streitfall getroffene tatsächliche Verständigung enthielt auch keinen Hinweis auf die Hinterziehungszinsen. Des Weiteren sind mündliche Nebenabreden, die nicht schriftlich festgehalten wurden, nicht bindend.


Veröffentlicht am: 16. August 2018
Veröffentlicht in: übrige Steuerarten