UMSATZSTEUERLICHE ORGANSCHAFT: PERSONENGESELLSCHAFT KANN ORGANGESELLSCHAFT SEIN

Das Finanzgericht Münster hat zu den Voraussetzungen einer umsatzsteuerlichen Organschaft entschieden. Zwischen den Beteiligten war strittig, ob zwischen dem Kläger H als Organträger und der H-KG als Organgesellschaft eine umsatzsteuerliche Organschaft mit der Folge der Nichtsteuerbarkeit der Innenumsätze bestand.

Der Kläger H ist Landwirt und verfügt über Grundbesitz. Gegenstand seines Unternehmens ist die Feldbestellung und die Produktion von Futtermitteln. Zudem betreibt er eine Photovoltaikanlage und ist als Komplementär zu 97 % an der H-KG beteiligt. Die restlichen 3 % werden von einem weiteren Gesellschafter als Kommanditisten gehalten. Unternehmensgegenstand der H-KG ist die Bullenmast. Die Umsätze wurden in den Streitjahren nach Durchschnittssätzen besteuert. H erhielt zudem einen Vorabgewinn für die Nutzungsüberlassung von Ställen, Betriebsausstattung und der eigenen Arbeitsleistung. Bei einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung wurde festgestellt, dass zwischen H und der H-KG ein Leistungsaustausch vorliege, so dass die Vorabgewinne umsatzsteuerbar seien. Das Finanzamt wandte daher auf die Umsätze den Regelsteuersatz statt des Durchschnittssatzes an. Nach Auffassung von H wurden die Umsätze jedoch im Rahmen einer umsatzsteuerlichen Organschaft erbracht und unterlägen als nichtsteuerbare Innenleistungen nicht der Umsatzsteuer. Das Finanzamt sah das anders, da die mögliche Organgesellschaft eine Personengesellschaft darstelle und es daher an der finanziellen Eingliederung fehle.

Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Unter der finanziellen Eingliederung ist der Besitz der Anteilsmehrheit an der Organgesellschaft zu verstehen. Nach unionsrechtskonformer Auslegung des Umsatzsteuergesetzes kann auch eine Personengesellschaft eine Organgesellschaft sein. Der durch den Bundesfinanzhof vorgenommenen Einschränkung, wann eine Personengesellschaft eine Organschaft darstellen kann, wurde durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Jahr 2021 eine Absage erteilt. Sofern die finanzielle Eingliederung der Gesellschaft in den Organträger nachgewiesen werden kann, ist diese finanzielle Eingliederung, unabhängig von der Gesellschaftsform, anzuerkennen. Im Streitfall ist H als Komplementär zu 97 % an der H-KG beteiligt und verfügt über entsprechende Stimmrechte. Da die Beschlüsse der KG laut Gesellschaftsvertrag mit einfacher Mehrheit gefasst werden, liegt unzweifelhaft eine finanzielle Eingliederung vor.

Hinweis: Das Vorliegen einer Organschaft ändert nicht die Qualifizierung der Besteuerung nach Durchschnittssätzen auf Ebene der Organgesellschaft, wenn der Organträger ausschließlich Umsätze zum Regelsteuersatz ausführt. Umsätze, die die Organgesellschaft ausführt, die aber wirtschaftlich dem Organträger zuzurechnen sind, bleiben der Durchschnittssatzbesteuerung zugehörig.


Veröffentlicht am: 12. Dezember 2022
Veröffentlicht in: Umsatzsteuer