FINANZGERICHTSPROZESS: AKTENEINSICHT MUSS AUCH BEI BEKANNTEM AKTENINHALT GEWÄHRT WERDEN

Prozessbeteiligte haben in einem finanzgerichtlichen Prozess das Recht, die Gerichtsakten und die dem Gericht vorgelegten (Finanzamts-)Akten einzusehen. Sie können sich davon Kopien anfertigen lassen, müssen die Kopierkosten hierfür aber selbst tragen.

Hinweis: Werden die Prozessakten bei Gericht elektronisch geführt, wird die Akteneinsicht durch die Bereitstellung des Akteninhalts zum Abruf gewährt. Sofern die Akten noch in Papierform geführt werden, muss die Akteneinsicht in den Diensträumen (z.B. einer Behörde) erfolgen.

Ein neuer Beschluss des Bundesfinanzhof (BFH) zeigt, dass der Anspruch auf Akteneinsicht sehr schwer wiegt. Im zugrundeliegenden Fall hatte die Klägerin Einsicht in die dem Finanzgericht (FG) vorliegende Finanzamtsakte beantragt. Das FG hatte abgelehnt und erklärt, dass in der Akte nur das gestellte Auskunftsbegehren der Klägerin und das Antwortschreiben des Finanzamts enthalten seien. Beide Schreiben lägen der Klägerin ohnehin vor, so dass sie die Akte nicht einsehen müsse. In der Folge wies das FG die Klage ab.

Der BFH hob das finanzgerichtliche Urteil nun in zweiter Instanz auf und erklärte, dass das FG den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt habe, indem es die beantragte Akteneinsicht versagte. Die Einsicht könne nicht mit dem Argument versagt werden, dass die einzusehende Akte lediglich aus wenigen Blättern bestehe, die dem Antragsteller ohnehin bekannt seien. Das FG habe die Akteneinsicht als „pure Förmelei“ abgetan. Der Akteneinsichtsanspruch diene aber gerade dazu, dass sich die Prozesspartei selbst des Akteninhalts vergewissern könne. Diese Möglichkeit hatte das FG der Klägerin genommen, so dass das Urteil keinen Bestand haben konnte.

Hinweis: In einem zweiten Rechtsgang muss das FG sich der Sache nun erneut annehmen und die Akteneinsicht gewähren. Dass das Verfahren für die Klägerin dann im Ergebnis aber anderweitig ausgeht, kann allerdings bezweifelt werden.

 

 


Veröffentlicht am: 13. September 2022
Veröffentlicht in: übrige Steuerarten