ERBBAUGRUNDSTÜCK: BEI SCHENKUNG MUSS DIE WIRTSCHAFTLICHE EINHEIT BEWERTET WERDEN
Im Moment hat man das Gefühl, dass an jeder Ecke ein neues Haus gebaut wird. Und mit der steigenden Nachfrage steigen auch die Immobilienpreise. Da möchte sich manch einer die Anschaffungskosten für das Grundstück lieber sparen. Genau dies passiert bei einem sogenannten Erbbaugrundstück: Man mietet das Grundstück, zahlt dafür den Erbbauzins und baut dann sein Haus auf fremdem Grund und Boden. Was passiert allerdings, wenn man ein solches Grundstück geschenkt bekommt, das mit mehreren Gebäuden bebaut ist, die einzeln im Grundbuch stehen? Muss dann das Grundstück an sich bewertet werden oder jedes einzelne Objekt entsprechend seinem Grundbucheintrag?
Über diese Frage musste das Finanzgericht Münster (FG) entscheiden: Seit 1999 waren der Kläger und seine Schwester zu je 25 %, die Mutter zu 35 % und der Vater zu 15 % Eigentümer eines Grundstücks, welches mit drei Wohn- und Geschäftshäusern sowie einer Tiefgarage bebaut war. Seit 1973 war auf das Grundstück ein Erbbaurecht eingetragen und 1974 wurde dieses in Wohnungs- und Teilerbbaurechte aufgeteilt. Seither gab es für jedes Wohnungserbbaurecht ein eigenständiges Grundbuchblatt.
Im Jahr 2014 übertrugen die Eltern dem Kläger unentgeltlich ihre Anteile. Das Recht auf Zahlung der Erbbauzinsen verblieb jedoch bei den Eltern bis zu deren Lebensende. Der Kläger reichte Erklärungen zur Feststellung des Bedarfswerts ein. Das Finanzamt erließ daraufhin je Wohnungseinheit einen Bescheid für die Übertragung durch die Mutter und einen für die Übertragung durch den Vater. Für eine selbstgenutzte Einheit wurde bei der Ermittlung des Grundbesitzwerts ein Liegenschaftszinssatz von 3 % berücksichtigt. Dieser war nach Ansicht des Klägers zu niedrig, da bei den anderen (vergleichbaren) Wohnungseinheiten ein höherer Zinssatz berücksichtigt wurde.
Das FG gab dem Kläger recht. Das Finanzamt muss den Wert des gesamten Erbbaugrundstücks feststellen und nicht den Wert der einzelnen Wohnungen. Grundbesitzwerte müssen laut Gesetz nur dann gesondert festgestellt werden, wenn die Werte für die Erbschaftsteuer von Bedeutung sind. Ansonsten ist die übertragene wirtschaftliche Einheit zu bewerten. Der Kläger erhielt keine Eigentumswohnungen und auch keine Erbbaurechte, sondern das Eigentum an einem Erbbaugrundstück. Der Schenkungsteuerbescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwerts wurde also aufgehoben.