ERLASS VON STEUERN AUF SANIERUNGSGEWINNE NUR NACH EINZELFALLPRÜFUNG

Nach einer bis 1997 geltenden Regelung waren Gewinne, die dadurch entstehen, dass betriebliche Schulden zum Zwecke der Sanierung eines Unternehmens ganz oder teilweise von den Gläubigern erlassen werden, in voller Höhe von Ertragsteuern befreit (vgl. § 3 Nr. 66 EStG a.F.). Obwohl diese Vorschrift 1998 aus dem Gesetz gestrichen wurde, wendet die
Finanzverwaltung den Inhalt der Vorschrift im Rahmen einer Verwaltungsanweisung (siehe BMF-Schreiben vom 27. März 2003 – IV A 6 – S 2140 – 8/03, BStBl 2003 I S. 240) weiter an. Danach werden Steuern auf Sanierungsgewinne unter ähnlichen Voraussetzungen wie unter der früheren Rechtslage auf Antrag zunächst gestundet und später aus sachlichen
Billigkeitsgründen erlassen. Insbesondere dann, wenn ein Sanierungsplan vorlag, konnte nach bisheriger Praxis regelmäßig eine Steuerbefreiung in Anspruch genommen werden.

Der Große Senat des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 28. November 2016 GrS 1/15) hat jetzt der Finanzverwaltung den generellen Erlass von Steuern auf Sanierungsgewinne untersagt. Nach Auffassung des Gerichts
beschreiben die in der Verwaltungsanweisung genannten Voraussetzungen keinen Fall sachlicher Unbilligkeit. Mit der Schaffung einer typisierenden Erlassregelung außerhalb der gesetzlichen Vorschriften verstoße die
Finanzverwaltung gegen verfassungsrechtliche Prinzipien.

Der Große Senat weist aber auch ausdrücklich darauf hin, dass entsprechende Billigkeitsmaßnahmen nicht grundsätzlich unzulässig sind. Voraussetzung sei allerdings, dass in jedem betroffenen Einzelfall tatsächlich
eine Billigkeitsgrundlage für die Ausnahme von der Besteuerung vorliegt.


Veröffentlicht am: 20. April 2017
Veröffentlicht in: Allgemein, Gerichtsurteile